Ursache und Häufigkeit

Die Ursache der idiopathischen Skoliose gilt – entsprechend der Bedeutung ihres Namens (idiopathisch = spontan entstehend, ohne bekannte Ursache) – als ungeklärt.

Ein Zusammentreffen mehrerer auslösender Faktoren scheint jedoch wahrscheinlich (multikausal). Ist die Ursache bekannt, spricht man von einer symptomatischen oder sekundären Skoliose.

Idiopathische Skoliosen entstehen und verstärken sich während der Jugend in Zeiten starken Körperlängenwachstums, insbesondere während der pubertären Wachstumsschübe. Je schneller das Körperwachstum ist, desto schneller nehmen die Krümmungen zu. Dementsprechend zählen Skoliosen auch zu den Wachstumsdeformitäten.

Bildquelle Wikipedia: Unterschiedliche Skoliosemuster: alles Skoliosen mit einer Stärke von 40° Cobb.

Es werden eine Vielzahl möglicher Ursachen der idiopathischen Skoliosen diskutiert, darunter hormonell bedingte Wachstumsstörung, die zu einem längeren Körperwachstum und einem ausgeprägteren pubertären Wachstumsschub führen, was erklären würde, warum Patienten mit Skoliose meist etwas größer sind als gleichaltrige Jugendliche.

In einem Viertel der Fälle kommen idiopathische Skoliosen auch gehäuft bei blutsverwandten Familienangehörigen vor, was auf eine genetische Komponente hindeutet. Dabei handelt es sich um einen autosomal-dominanten Erbgang (die Vererbung nur eines defekten Gens ist für eine Erkrankung ausreichend) mit inkompletter Penetranz (Menschen, die das Gen besitzen, müssen nicht erkranken) und variabler Expressivität (dieselbe Abnormität erscheint in unterschiedlicher Weise). Wahrscheinlich spielen auch biomechanische Faktoren, wie ein abgeflachtes seitliches (sagittales) Profil der Wirbelsäule (Flachrücken, Hypokyphose) und einseitige Belastungen, eine Rolle.

Die Letzterem zu Grunde liegende Theorie geht davon aus, dass bei Adoleszentenskoliosen ein Missverhältnis zwischen schnellerer Wachstumsgeschwindigkeit der ventral (bauchwärts) gelegenen Wirbelkörperanteile gegenüber den dorsalen (hinten; rückwärts gelegenen) Strukturen der Wirbelsäule entsteht. Der größere Platzbedarf der überdimensionierten ventral gelegenen Wirbelkörper führt dabei zu einer Aufrichtung der Wirbelsäule und Abflachung der natürlichen Kyphose (Entstehung einer Hypokyphose/Flachrücken), sowie zu einer Torsion (Verdrehung) der Wirbel gegeneinander, so dass ein abgeflachtes seitliches (sagittales) Wirbelsäulenprofil, wie auch die Rotation (Verdrehung) der Wirbel noch vor der Auslenkung der Wirbelsäule aus der Mitte eintreten und als prognostisch ungünstige Zeichen für die Ausbildung einer Skoliose gewertet werden.

Haben die Wirbel erst einmal die Mittellinie verlassen, kommt es zu einseitigen Belastungen und dadurch zu einer Verselbständigung des Fortschreitens der Deformität bis hin zu keilförmigen Wirbeln im Scheitel der Krümmung.2 3 4 5

Bei neuropathischen und mypathischen Skoliosen ist meist eine dauerhafte muskuläre Dysbalance (muskuläres Ungleichgewicht) für die Ausbildung der Skoliose verantwortlich, bei kongenitalen (angeborenen) oder iatrogenen (durch ärztliche Maßnahmen verursachten) Skoliosen wird sie durch die strukturelle Schädigung der Wirbelkörper oder Weichteilstrukturen hervorgerufen. Im weiteren Verlauf des Wachstums verschlechtern sich diese Skoliosen analog des Verschlechterungsmechanismus, der er auch bei idiopathischen Skoliosen eintritt, weiter.

Häufigkeit

In mehreren Studien wurde für Skoliosen über 10° Cobb eine weltweite Prävalenz (Häufigkeit in der Bevölkerung) von 1,1 % festgestellt. Skoliosen einer Stärke von über 20° Cobb kommen bei 0,5 % der Bevölkerung vor. Mädchen sind dabei viermal häufiger betroffen als Jungen. Schwerere idiopathische Skoliosen kommen deutlich häufiger beim weiblichen als beim männlichen Geschlecht vor. 6 7

Die Geschlechterverteilung idiopathischer Skoliosen unterschiedlicher Ausprägung sieht wie folgt aus:8

Winkelgrade männlich weiblich
6°-9° Cobb 1 1
10°-19° Cobb 1 1,4
20°-29° Cobb 1 5,4
>30° Cobb 1 7,2
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