Philosophie
Mit der Diagnose Skoliose wird der/die Betroffene und Ihre Bezugspersonen in eine unbekannte und unsichere Welt hinein-gestoßen.
Die Kinder und Heranwachsenden können oft nicht die Tragweite der Diagnose erkennen und die Eltern zerreiben sich oft zwischen Selbstvorwürfen und hecktischer Informationsbeschaffung.
Hier muss man (die Kontaktpersonen) sich unbedingt Zeit nehmen, um die Betroffenen eingehend zu untersuchen, die Informationsdefizite zu beseitigen und klare Aussagen und Abmachungen zu treffen.
Unsere Philosophie ist es in einem ausführlichen und eingehenden Gespräch die aktuelle Situation genauestens zu erfassen, eine evtl. anstehende Versorgung genauestens zu erläutern und keine Fragen unbeantwortet zu lassen.
Es ist für die oftmals lange Versorgungszeit überaus wichtig, gegenseitiges Vertrauen zu haben(aufzubauen, das Verständnis und die Einsicht der Betroffenen für die zukünftigen Maßnahmen zu gewinnen, da nur durch ein aktives Mitwirken der Patienten auch ein gutes Korrekturergebnis erzielt werden kann.
Ziel der Versorgung:
Es gibt eine ganze Anzahl von Orthesen, mit denen es nicht schwierig ist, akzeptable „Korrekturen“ der Skoliosewinkel nach Cobb zu erzielen. Experten streben in einer guten Ausführung orthetischer Versorgung aber immer die optimale Versorgung des ganzen Patienten an.
Das heißt: Aufhalten der Progression bei gleichzeitiger Erzielung und Aufrechterhaltung eines kosmetisch ausgeglichenen (kompensierten) Verlaufs der gesamten Wirbelsäule, geringstmögliche Bildung von Deformitäten, die durch die Behandlung selbst hervorgerufen werden, minimale Einschränkung gesunder Körperbewegung, sowie geringste Beeinträchtigung der Funktion von Lunge, Herz, Nieren oder anderer innerer Organe.
Bei aggressiven orthetischen Korrekturen der Cobb’schen Winkel wird die thorakale Hypokyphose gewöhnlich verstärkt, indem Rippen und Brustkorbprofil stark deformiert werden, und die kosmetischen Probleme einer hochthorakalen Verkrümmung werden verstärkt, indem große Bereiche des Brustkorbs unnötig abgedeckt oder eingeengt werden. Hier eine Ausgewogenheit zu finden ist erstrebenswert .
Der Cobb’sche Winkel ist das einzige und renommierteste objektive Maß für die Größenordnung skoliotischer Verkrümmungen. Er ist eine gute und hilfreiche Größe, die praktisch von allen Skoliose-Spezialisten angewandt wird und wurde zur wichtigsten Norm für die Protokollierung der Ergebnisse von Skoliose-Behandlungen.
Jedes Winkelmaß nach Cobb bezieht sich jedoch nur auf eine einzige Kurve. Selbst eine Sammlung von zwei oder drei Cobb’schen Winkelmessungen auf einer Röntgenaufnahme in a-p -Richtung kann aber bei weitem noch keine Auskunft darüber geben, was man wissen muss, um den Ausgangszustand, das Fortschreiten der Deformität, sowie die Behandlungsergebnisse bei einer Skoliosebehandlung beurteilen zu können.
Die Tendenz, sich ausschließlich auf den Cobb’schen Winkel zu konzentrieren, hat zu einer verhängnisvollen Überschätzung vieler ansonsten unzulänglicher Orthesenmodelle geführt.
Bei Jugendlichen in der Pubertät ist die Korsettbehandlung nicht unproblematisch. In diesem Alter besteht ein großes Bedürfnis, sich von den Schulkameraden möglichst nicht zu unterscheiden. Dies äußert sich nicht nur im äußeren Erscheinungsbild, sondern auch in den musikalischen, sportlichen und sonstigen Freizeitinteressen. Als Korsettträger(in) ist der/die Skoliosepatient(in) meist alleine in der Schulklasse oder gar in der ganzen Schule.
Daher fühlt er/sie sich viel stärker isoliert als etwa ein(e) Zahnspangenträger(in). Die psychischen Auswirkungen der Korsettbehandlung wurden in mehreren Arbeiten untersucht. Es wurden zwar kaum Langzeitstörungen beobachtet, aber für die meisten Jugendlichen war die Korsettbehandlung oft eine starke psychische Belastung.
In unserer gänzlich auf Bewegung und Dynamik ausgerichteten modernen Gesellschaft lässt die Akzeptanz rigider Rumpforthesen immer mehr zu wünschen übrig. In Nachkontrollen wird über 65% -ige effektive Tragezeiten und oft auch sehr viel weniger berichtet. Hier stellt das Nicht-Tragen die Wirksamkeit der Korsettbehandlung wegen schlechter Compliance (Maß für die Akzeptanz der Korsettversorgung durch den Patienten) natürlich in Frage.
Eine ganzheitliche Betrachtung der Orthesenversorgung unter Abwägung der maximal möglichen Korrektur, Erhalt der Mobilität und Vitalität im Einklang mit der Akzeptanz des Korsetts durch den Träger ist unser erklärtes Ziel.